Lebensqualität in Schleswig-Holstein langfristig sichern

Wie machen wir unser Bundesland zukunftsfest? Schleswig-Holstein mag ja verhältnismäßig klein sein, dabei vereint es jedoch wie kaum ein anderes Bundesland die Chancen und Risiken der heutigen Zeit auf sich. Es gibt Regionen, in denen der demographische Wandel große Umwälzungen erzwingt. Es gibt Gebiete, die besonders stark von einer erfolgreichen Umsetzung der Energiewende profitieren würden. Und es gibt Regionen, in denen wirtschaftliche Strukturbrüche bis heute verarbeitet werden müssen.

Bei dem Gesetz zur Landesentwicklungsplanung geht es deshalb um viel mehr als nur darum, Räume festzulegen, Regionen einzugrenzen und zu kartographieren. Wir müssen heute Strukturen schaffen, die in vielen Jahren noch belastbar sind und die die Lebensqualität in Schleswig-Holstein langfristig sichern. Dabei müssen wir nicht nur über Räume sondern vielmehr über Standards in diesen Räumen nachdenken.

Was wollen, was müssen wir bewahren und schützen? An welchen Stellen kann sinnvoll und effektiv reformiert werden? Bei welchen Themen müssen wir mit Samthandschuhen arbeiten, und wo können wir beherzt die Ärmel hochkrempeln und zupacken?

Die Aufgabe der Landesregierung bei der Landesentwicklungsplanung lässt sich gut mit der eines Ackerbauern vergleichen. Bestellt er sein Feld, muss er düngen, damit seine Saat später reiche Früchte trägt. Dabei muss er jedoch ausgeglichen düngen, darf zum einen den Boden nicht versalzen und zum anderen keinen einzigen wichtigen Stoff vergessen. Denn fehlt dem Boden auch nur ein einziges entscheidendes Element, wird die Saat nicht aufgehen und die Bäuerin keinen Ertrag einfahren. Und genauso verhält es sich mit den Standards in den Regionen.

Welche Elemente muss der Dünger enthalten, der langfristig unser aller Lebensqualität maximiert? Ist es allein der Wohlstand? Ist es das Gemeinschaftsgefühl in den Gemeinden? Ist es die Verkehrsanbindung oder sind es die Bildungsinstitutionen?

Sind es die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger am politischen Leben, also die Möglichkeit lokal und landesweit Einfluss zu nehmen? Sind es die Gesundheitsversorgung, Landschafts- und den Naturschutz oder das schnelle Internet?

Mit der Verteilung von Mitteln, mit Reformen und Veränderungen in den Regionen muss sehr sensibel umgegangen werden. Denn am Ende besteht immer die Gefahr, dass der regionalen Lebensqualität eines der entscheidenden Elemente entzogen werden könnte. Die Saat für eine nachhaltige und gute Entwicklung könnte nicht aufgehen.

Ziel einer guten Landesentwicklungsplanung muss immer sein, die Lebensqualität überall im Land auf dem hohen Stand zu halten und noch weiter zu verbessern.

Dies darf jedoch in keinem Fall als Gleichmacherei verstanden werden. Vielmehr geht es darum, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Schleswig-Holstein sicherzustellen. Deshalb muss für jede Region eine eigene, intelligente und zukunftsfeste Strategie unter einem gemeinsamen Dach gefunden werden. Hier ist Kreativität gefragt, von Pinneberg bis Flensburg und von Lübeck bis Sylt.

Dazu gehört auch, dass in Nordfriesland andere verkehrspolitische Schwerpunkte gesetzt werden als im Hamburger Umland. Ja, auch wir Grüne setzen uns für gute Landstraßen ein, wo sie für die Lebensqualität der Menschen essenziell sind. Im Hamburger Umland gelten andere Regeln als im hohen Norden. Dort muss vor allem mehr für die Schiene getan werden.

Noch einmal: Ziel der nachhaltigen Raumentwicklung ist es, verschiedene Ansprüche in Einklang zu bringen und gleichwertige ­ aber eben nicht gleichartige Lebensverhältnisse im ganzen Land zu ermöglichen.

Mit der Neufassung des Landesentwicklungsgesetzes und der Aufhebung des Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes erreichen wir zweierlei. Erstens sorgen wir für die notwendige Anpassung an das Raumordnungsgesetz des Bundes. Und zweitens geben wir der Raumentwicklung mit ihren unterschiedlichen Aspekten wie Umwelt, Verkehr und Wirtschaft einen Rahmen vor.

Mich freut es besonders, dass wir das Ziel einer nachhaltigen Raumentwicklung gefestigt haben und damit einen Ausgleich zwischen Wirtschaftlichkeit, sozialen Aspekten und Ökologie erreichen konnten. Außerdem stellen wir sicher, dass zu dem Gesamtraum Schleswig-Holsteins auch der Untergrund gehört, den wir vor Fracking schützen wollen.

Zielabweichungen von den Vorgaben der Landesplanung bleiben zukünftig Einzelfallentscheidungen, die sehr genau abgewogen werden müssen und die durch das Raumordnungsgesetz begrenzt werden. Deshalb heißt es in dem Gesetz: ,,Die Grundzüge der Planung dürfen nicht verletzt werden". Auf diese Weise wollen wir zukünftig verhindern, dass wahllos Einkaufszentren auf der grünen Wiese entstehen.

Die räumliche Grundlage der Regionalpläne, in denen die Landesplanung konkretisiert wird, sind die Planungsräume. Sie spiegeln regionale Orientierungen und Verflechtungen wider. Es ist uns gelungen, beim Neuzuschnitt der Planungsräume in allen Fällen den Wünschen der Kreise und Städte zu entsprechen. Mit einer Ausnahme: Neumünster.

Neumünster hat die besondere Rolle, gleichzeitig Teil der Metropolregion Hamburg und des Planungsraums zu sein, der Kiel umfasst. Es gibt für beide mögliche Zuordnungen Neumünsters gute Gründe. Für den nördlichen und für den südlichen Planungsraum.

Insbesondere jedoch die feste Verflechtung von Kiel und Neumünster bei PendlerInnen spricht für die Zuordnung zum Planungsraum um Kiel. Zudem ist der Planungsraum III schon jetzt mit 1,6 Mio. EinwohnerInnen mit Abstand der größte. Perspektivisch können wir die Idee, ganz Schleswig-Holstein als einen Planungsraum zu sehen, nochmal aufgreifen. Bisher ist das auf Grundlage des Bundesrechts aber nicht möglich.

Neumünster steht damit natürlich vor der nicht ganz leichten Aufgabe, in beide Richtungen zu planen, sich sowohl nach Norden als auch nach Süden zu orientieren.

Darüber hinaus gelingt uns mit dem Gesetz eine neue Regelung zur Bestimmung zentraler Orte. Damit passen wir die bisherige Gesetzeslage an die demographischen Herausforderungen an. Zwar bleibt das Kriterium von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern als Einstufungskriterium bestehen, doch die Ortschaft bewahrt sich nun auch dann ihre Zentrumsrolle, wenn die Einwohnerzahl schrumpft. Denn in diesem Fall kommt das Strukturkriterium des maximalen Abstands eines Wohnplatzes zu einem Zentralort zum Tragen.

Statt bisher zehn werden nun zwölf Kilometer zum nächsten Zentralort festgelegt. Dadurch stellen wir sicher, dass für nahezu jeden Punkt in Schleswig-Holstein die Versorgungsfunktion durch einen zentralen Ort gewährleistet ist.

Wir Grüne wissen um die Unterschiede der verschiedenen Regionen. Wir wissen um die Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen Pinneberg und Kiel, und zwischen der Ost- und Nordseeküste. Und dennoch verbindet uns alle, dass in unserem Bundesland die glücklichsten Menschen der Republik leben und genau das wollen und werden wir erhalten. Diese einzigartige Lebensqualität muss bewahrt werden, denn die Wertigkeit der Lebensverhältnisse ist unser wichtigstes Gut.

Es gibt Unterschiede in unserer Gesellschaft, die sollen, können und dürfen wir nicht nivellieren. Auf dem Land wird es immer anders sein als in der Stadt, Nordfriesland wird nie wie das Herzogtum Lauenburg und Lübeck bleibt anders als Kiel. Das ist gut so.

Gerade gestern haben wir doch über die Unterschiedlichkeit von kulturellen Angeboten auf dem Land und in der Stadt gesprochen. Auch hier müssen wir bewahren und schützen. Doch es gibt auch solche Unterschiede, die wir unterbinden müssen und die wir zu überwinden gezwungen sind. Immer dann, wenn Menschen das Gefühl haben, ausgegrenzt zu sein und ein entscheidendes Element für ihre Lebenszufriedenheit fehlt, müssen wir aufhorchen und aktiv werden.

Mit dem Gesetz zur Landesentwicklungsplanung tun wir einen entscheidenden Schritt, um die Lebensqualität überall zu erhalten und die verschiedenen Regionen zu festigen. Wir geben den Planungsräumen die Möglichkeit, den richtigen Dünger zu komponieren und freuen uns auf die erfolgreiche Ernte unter dem Dach des zentralen Rahmens des Landes.

 

 

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