Zusammenarbeit mit Hamburg bei der Sicherung der Unterrichtsversorgung

Dazu sagt die Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ines Strehlau:

Weg vom Konkurrenzdenken

Wir hören Beschwerden von vielen Schulen, dass es nicht genügend Lehrkräfte gibt. Gerade in Mangelfächern wie den Naturwissenschaften, Französisch, teilweise Englisch, Musik und Kunst sind keine Lehrkräfte zu bekommen, auch wenn die Stellen vom Ministerium bewilligt wurden.

Ich habe dabei große Probleme zu verstehen, warum ein Bildungsministerium nicht im Voraus gegensteuern kann, Pensionierungen kommen doch nicht über Nacht. Es ist einige Jahre vorher bekannt, in welchen Fächern es durch Pensionierungen Bedarf geben wird. Da wäre es doch die Pflicht eines Bildungsministeriums, sich mit den Universitäten und dem IQSH zusammen zu setzen und eine Strategie zu erarbeiten, um Studien- und Referendariatsplätze bedarfsgerecht anzubieten.

Aber es gibt in Schleswig-Holstein ja keine Gesamt-Hochschulplanung. Da hat jemand Hochschulautonomie grundlegend falsch verstanden. Das Land muss seine Steuerungsfunktion wahrnehmen, um unsere Schulen auch in der Zukunft mit einer ausreichenden Zahl von Lehrkräften auszustatten.

Dabei ist die in der Föderalismusreform beschlossene Autonomie der Bundesländer bei der Besoldung der Lehrkräfte unserer Ansicht nach ein großer Fehler gewesen. Durch ihn wird die Konkurrenz zwischen den Bundesländern verstärkt - und unsere Schülerinnen und Schüler drohen dabei auf der Strecke zu bleiben.

Schleswig-Holstein steht nun auch finanziell in Konkurrenz zu den anderen Bundesländern - und zieht mehr und mehr den Kürzeren. Nicht nur wegen der Bezahlung, sondern auch wegen der Arbeitsbedingungen. Das Hü und Hott in der Schleswig-Holsteinischen Schulpolitik ist wahrlich nicht attraktiv für Lehrkräfte aus anderen Bundesländern.

Wir müssen auch im Bildungsbereich wegkommen vom Konkurrenzdenken - mehr Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern wäre dazu ein erster richtiger Schritt. Es ist doch nur klug, einen Austausch von Lehrkräften zwischen Nachbarländern zu ermöglichen. Es würde eine klassische win-win-Situation geschaffen: Für die SchülerInnen weniger Unterrichtsausfall, für die Lehrkräfte eine Arbeitsmöglichkeit in ihrem Beruf - und für das Bildungsministerium deutlich weniger Beschwerdebriefe.

Nötig für eine verstärkte Zusammenarbeit wäre, dass Schleswig-Holstein und Hamburg sich zusammensetzen und gemeinsam planen, dass beide Länder endlich erkennen, dass das Sich-Voneinander-Abschotten nur Verlierer produziert. Wer hat denn etwas davon, wenn die Mauern zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein wieder hoch gezogen werden und die schleswig-holsteinischen SchülerInnen aus Hamburg in Scharen zurück an die Schulen nach Schleswig-Holstein kommen?

Es wäre doch volkswirtschaftlicher Wahnsinn, in Hamburg dann leere Schulräume zu haben und in Schleswig-Holstein neue zu bauen. Ganz zu schweigen von den Belastungen, die SchülerInnen und Eltern dann ausgesetzt wären.

Herr Dr. Klug, ich hoffe ihr Staatssekretär hat Ihnen von der Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche im Luisen-Gymnasium in Hamburg Bergedorf berichtet. Dort schilderten mehr als 300 Eltern, die Bürgermeister von Wentorf, Reinbek und der Bezirksamtsleiter aus Bergedorf eindringlich, dass sie in einem gemeinsamen Lebensraum Metropolregion leben und eine freie Schulwahl wollen.

Der Hamburger Staatsrat Vieluf hat dort die Bereitschaft signalisiert, soweit die Kapazitäten da sind, SchülerInnen aus Schleswig-Holstein weiterhin aufzunehmen. Die Schulkostenbeiträge, die Hamburg dafür verlangt, sind doch nur fair. Sie würden für Schleswig-Holstein doch auch entstehen, wenn die SchülerInnen bei uns zur Schule gingen (Hamburg würde übrigens die niedrigeren schleswig-holsteinischen Schülerkostensätze akzeptieren).

Erzählen Sie uns nachher nicht, Herr Bildungsminister, dass Sie ja bei uns die Infrastruktur für alle SchülerInnen vorhalten würden, weshalb nur Härtefalle nach Hamburg wechseln dürften. Wenn dies so wäre, müssten wir mehrere hundert Lehrkräfte in der Warteschleife haben und diverse Leerstände bei Schulräumen im Hamburger Umland - das ist mitnichten der Fall. Und auch Hamburgs Schulen sind gut gefüllt.

Die Landesregierung muss also bereit sein zur Zusammenarbeit. Davon scheinen wir aber im Moment leider Lichtjahre entfernt zu sein. Gestern war in der Presse zu lesen, dass Sie, Herr Habersaat, beim Gastschulabkommen den Stein der Weisen gemeint gefunden zu haben, nämlich die Beteiligung der Schleswig-Holsteinischen Wohnortgemeinden an den Gastschülerkosten. Die Idee hatten wir auch vor ein paar Wochen und dachten: "Klasse, 6,5 Millionen Euro gefunden. Das hilft uns weiter". Leider schrumpfte die Summe bei unseren Nachforschungen schnell deutlich zusammen, denn für die freien Schulen zahlen die Wohnortgemeinden bereits, für BerufsschülerInnen zahlen die Wohnortgemeinden auch innerhalb Schleswig-Holsteins nicht, weil sie in Kreisträgerschaft sind - wäre also auch mit Hamburg schwierig. Außerdem haben wir bei den BerufsschülerInnen eine fast gleiche Zahl von Ein- und AuspendlerInnen. Blieben gut 2000 SchülerInnen an allgemeinbildenden Schulen. Da ist es richtig, dass die Wohnortgemeinden in Zukunft ihren Beitrag leisten müssen. Dies ist aber dem Ministerium auch bekannt und stand schon vor einiger Zeit in der Presse. Die Bürgermeister, mit denen ich gesprochen habe, sind auch bereit dazu. Abziehen müssen wir die SchülerInnen aus Hamburg in Schleswig-Holstein, immerhin auch etwa 1000, zusammen mit den Kindern in Pflegefamilien und Heimen. Bleibt also eine gute Million. Besser als nichts, aber finanziert nicht das Gastschulabkommen.

Deshalb haben wir Abstand genommen von einem Landtagsantrag dazu. Die Landesregierung wird im neuen Schulgesetz diese ihr bekannte Lücke sicher schließen. Wenn nicht, werden wir ihr dabei helfen.

zurück