Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen und Fachkräften

Dazu sagt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ines Strehlau:

Putzfrau mit Doktortitel

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

Wie ist die Situation bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen zurzeit? Völlig unbefriedigend. Es gibt einen wahren Anerkennungsdschungel. Einen Dschungel, in dem man auch nach Durchquerung nicht unbedingt das Dickicht beiseite geschoben hat und mit brauchbaren Zeugnissen ausgestattet ist.

Laut Mikrozensus 2007 leben rund 2,8 Millionen Zuwanderer mit einem Berufsabschluss in Deutschland. Ungefähr 800.000 davon haben einen Studienabschluss und 1,8 Millionen eine andere berufsqualifizierende Ausbildung. Nach Schätzung der Universität Oldenburg sind bei den deutschen Arbeitsverwaltungen circa 500.000 Zuwanderer mit akademischen Abschlüssen als "unqualifiziert" gemeldet, d.h. ihr Studienabschluss wird in Deutschland nicht anerkannt.

Viele von ihnen arbeiten aufgrund einer fehlenden Anerkennung ihres Berufsabschlusses in Deutschland unterhalb ihres Qualifikationsniveaus oder finden gar keine Arbeit.

Für uns Grüne ist das völlig inakzeptabel. Wir wollen, dass alle Menschen, egal ob mit deutschen oder mit ausländischen Qualifikationen und Berufsabschlüssen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten am Arbeitsmarkt angemessen einsetzen können. Gesellschaftlich und wirtschaftlich ist der Widerspruch zwischen demografisch bedingtem Fachkräftemangel einerseits und ungenutzten Potenzialen anderseits schon lange nicht mehr hinnehmbar. Wir fordern deshalb schon seit langem, das brachliegende Potenzial mitgebrachter Bildungsressourcen zu heben und die Chancen, die sich daraus für die Wissensgesellschaft, den Arbeitsmarkt und integrationspolitisch ergeben, zu nutzen.

Im Moment sind Anerkennungsverfahren kompliziert, unübersichtlich und auf eine Vielzahl von Stellen verteilt. Die Bundesregierung will nun die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse erleichtern. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat vorgestern - nach eineinhalb Jahren interner Beratung - die Pläne vorgestellt. Wir begrüßen, dass es ein einheitliches Anerkennungsverfahren geben soll und zudem jede und jeder einen Rechtsanspruch auf Durchführung eines Anerkennungsverfahrens erhält.

Auch die angestrebte dreimonatige Bearbeitungsfrist, binnen der nach Vorlage sämtlicher Unterlagen eine Entscheidung über die Anerkennung erfolgen soll, halten wir für den richtigen Weg. Problematisch ist, dass der Gesetzentwurf keinen Anspruch auf Beratung und Begleitung der Betroffenen im Verfahren enthält. Er fällt hier hinter das Eckpunktepapier der Bundesregierung aus 2009 zurück, in dem die Idee von Erstanlaufstellen erwogen wurde. So besteht die Gefahr der Beratungsangebote nach Kassenlage.

Positiv hervorzuheben ist, dass eine einmal erteilte Anerkennung für ganz Deutschland gelten soll. Wir fordern: Auch bei den Berufen in Länderzuständigkeit müssen die Anerkennungsbescheide in allen Bundesländern gelten. Wir denken, dass wir einheitliche Ansprechpartner, wie zum Beispiel das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) brauchen. Die jetzige Zersplitterung der zuständigen Stellen muss möglichst überwunden und die Struktur transparent und schlank gehalten werden. Für die Fälle der Teilanerkennung brauchen wir eine finanziell gut ausgestattete und praktikable Anpassungsqualifizierung. Niemandem ist geholfen, wenn sich ein Ingenieur als Taxifahrer durchschlägt oder eine ausgebildete Ärztin als Putzfrau arbeiten muss, weil ihre Qualifikation bei uns nicht anerkannt wird.

Das Thema ist komplex und wir müssen den Bundesgesetzentwurf mit den schleswig-holsteinischen Gesetzen in Einklang bringen. Deshalb beantragen wir, den Antrag der Linken, der viele der entscheidenden Punkte aufgreift, in den Bildungsausschuss und in den Innen- und Rechtsausschuss zur weiteren Beratung zu überweisen.

Der CDU/FDP Antrag ist viel allgemeiner und, mit Verlaub, überschüttet Landes- und Bundesregierung mit etwas viel Lob. Da er aber auch in die richtige Richtung geht, zum Beispiel bei der Absenkung der Einkommensgrenze für hochqualifizierte Zuwanderer, werden wir ihm, falls Abstimmung in der Sache beantragt wird, zustimmen.

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