Bildungsföderalismus neu gestalten

Es gilt das gesprochene Wort!

TOP 19 - Bildungsföderalismus neu gestalten

Dazu sagt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Ines Strehlau:

Das Thema Bildungsföderalismus brennt den Menschen unter den Nägeln. Wenn der Spiegel und die Zeit titeln: "Irrsinn Bildungsföderalismus" und "Bildungsföderalismus ein deutscher Sadismus", so zeigt dies, dass es auch ein hoch emotionalisiertes Thema ist. In Umfragen sprechen sich bis zu 90 Prozent der Menschen in Deutschland dafür aus, den Föderalismus im Bildungsbereich abzuschaffen und dem Bund die Kompetenz zu übertragen.

Das sehen die BildungspolitikerInnen in den Ländern ganz anders. Sie sagen Bildung sei am besten in den Ländern aufgehoben. Sie wüssten, was für SchülerInnen am besten ist. Seltsam nur, dass das bei den Eltern und Lehrkräften nicht so ankommt.

Wir haben also ein Problem. Um dies zu lösen, müssen wir raus aus unseren bildungspolitischen Schützengräben. Und wir müssen unseren Blickwinkel verändern. Wir müssen die Familien, die SchülerInnen, die Studierenden und die Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen, ohne ideologische Scheuklappen. Die Brücke dafür bauen wir mit unserem Antrag. Wir denken Mobilität und Qualität zusammen und wollen ein Bildungssystem ermöglichen, das die Balance schafft zwischen notwendiger bundesweiter Einheitlichkeit und Freiheit vor Ort an den Schulen.

Voraussetzung für das Gelingen ist ein neues Verständnis zwischen Bund und Ländern. Wir müssen Bildung wieder als gesamtstaatliche Aufgabe ansehen. Bund und Länder nicht gegeneinander, sondern gemeinsam. Dazu gehört auch, dass das Kooperationsverbot fallen muss. Das haben wir vor einiger Zeit mit großer Mehrheit hier im Haus beschlossen. Aber dies reicht nicht. Die Zeit ist reif für einen Neuanfang im Bildungsföderalismus und die Chancen stehen gut.

Bundesweit laufen wir auf ein zweigliedriges Schulsystem mit Gemeinschaftsschule und Gymnasium zu. Für uns Grüne ein harter Brocken, aber auch wir akzeptieren, dass die Zeit für eine Schule für alle noch nicht reif ist. Viele Eltern wollen das Gymnasium behalten. Mit den gleichen Schulformen können wir endlich auch die Lehrerbildung kompatibel gestalten. Es ist doch Irrsinn, dass Lehrkräfte teilweise nicht einmal im benachbarten Bundesland arbeiten können, weil sie zum Beispiel die falsche Fächerkombination studiert haben.

Auch bei den Bildungsstandards müssen wir nachbessern. Mit ihnen werden richtigerweise Kompetenzen in den Mittelpunkt gestellt. Also keine englischen Grammatikarbeiten mehr, sondern Verständnis von Texten und Sprechen der Sprache. Aber diese Bildungsstandards sind noch nicht in allen Ländern implementiert. Die Trichtermethode für Lernstoff gibt es immer noch. Die Umsetzung der Standards war ja bisher den Ländern überlassen.

Um bei den Lerninhalten eine Gleichwertigkeit zu garantieren, brauchen wir bundesweit abgestimmte Qualitätsstandards und Evaluationsverfahren, die die Schulen nutzen, um ihre Stärken zu erkennen und um ihre Defizite zu beheben. Als Ergänzung brauchen wir bundesweite Leistungsmessungen, also von Flensburg bis Kempten die gleichen Abschlussprüfungen. Nicht alle Prüfungen bundesweit an einem Tag, aber gleichwertige Aufgaben, die auf bundesweit einheitlichen Kompetenzstufen basieren.

Dieser bundesweit gleiche Rahmen entzerrt das Wirrwarr im Bildungssystem und erleichtert den Familien und Lehrkräften einen Umzug in ein anderes Bundesland. Wir sagen in unserem Antrag aber nicht, dass in Hamburg und München am selben Tag dasselbe gelernt wird. Das Ziel ist vorgegeben, aber den Weg dorthin können und sollen die Schulen individuell auf ihre SchülerInnen abstimmen.

Die Entwicklung des einheitlichen Rahmens überlassen wir nicht der Kultusministerkonferenz. Die ist zu sehr von Eigeninteressen geleitet und mit ihrem Einstimmigkeitsprinzip in großen Teilen gelähmt. Für diese Aufgabe brauchen wir eine Kommission, die aus WissenschaftlerInnen und VertreterInnen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen besteht.

Auch eine Notbremse haben wir in unseren Antrag eingebaut. Wenn die Länder es nicht schaffen sich zu einigen, bekommt spätestens 2017 der Bund die Richtlinienkompetenz. Aber wir sind zuversichtlich die Notbremse nicht ziehen zu müssen, denn auch CDU, SPD und Linke haben erkannt, dass wir den Bildungsföderalismus überarbeiten müssen, um ihn fit zu machen für die Anforderungen einer globalisierten Welt.

Die Chancen stehen also gut. Lassen Sie uns von Schleswig-Holstein aus die Diskussion in Gang bringen. Dann könnten wir auch mal wieder positive Schlagzeilen produzieren. Da das Thema sehr komplex ist, beantrage ich für die Grüne Fraktion, unseren Antrag und den der Linken in den Bildungsausschuss zu überweisen. Dort können wir ausführlich beraten und auch den Sachverstand von ExpertInnen hinzuziehen.

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