Die Kitareform ist ein Baustein gegen den Fachkräftemangel

Rede im Landtag in der Debatte über Rahmenbedingungen für Erzieher*innenberufe (25. November 2021)

Sehr geehrte Damen und Herren,
nicht erst in der Corona-Pandemie ist uns bewusst geworden, wie wichtig eine gut ausgestattete und verlässlich geöffnete Kita für unsere Familien im Land ist. Und diese Kita ist eben nicht nur ein Gebäude oder ein Waldstück. Sie lebt von den Menschen, die die Kitas zum Leben erwecken. Erzieher*innen, sozialpädagogische Assistent*innen, Hauswirtschafter*innen, Freiwillige, Auszubildende und viele mehr. Bunte Teams, die eine Kita zu dem machen, was sie ist: ein Ort frühkindlicher Bildung.

Und das, liebe Kolleg*innen, macht vielleicht auch den Unterschied zu unserer oder Ihrer Jugend, als Kitas noch Kindergarten und Spielkreise waren, in denen Kinder betreut wurden. Aber die Herausforderungen heute sind andere. Die Kinder sind früher und länger in den Kitas, und wir wissen, dass in den ersten Jahren die Grundlagen gelegt werden für Bildungsgerechtigkeit in diesem Land.

In unseren Kitas haben wir zurzeit 850 leere Stellen. Und klar ist auch: Durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ab 2026 werden wir in den kommenden Jahren erheblich mehr Fachkräfte benötigen. Und es braucht dafür ein ganzes Maßnahmenpaket.
Wir müssen die Arbeitsplätze für Erzieher*innen attraktiver machen. Da haben wir ein Henne-Ei-Problem. Es ist richtig, die Kitas mit mehr Personal auszustatten. Also pro Kind mehr Erziehe*rinnenstunden festzulegen. Mehr Vorbereitungszeiten, mehr Fortbildungen, mehr Zeiten für Qualitätsentwicklung. Das ist wichtig, weil viele Menschen nur wenige Jahre im Job bleiben.

Ja, mehr Personal und kleinere Gruppen erhöhen den Personalbedarf, aber sie sorgen eben auch dafür, dass diejenigen, die wir haben, im Beruf bleiben. Deshalb ist es auch gut, dass wir im Kitagesetz die Mindeststandards festgelegt haben. Ich bin der Meinung, dass wir diese beispielsweise für die Anleitung von Auszubildenden, aber vor allem im Bereich Inklusion noch ausbauen müssen. Nicht die Kitareform ist das Problem, das den Fachkräftemangel schafft, sondern sie ist ein Baustein, ihm zu begegnen. Hier haben wir mit der SPD einen klaren Dissens.

Aber natürlich müssen wir auch dafür sorgen, dass wir mehr Menschen für die Ausbildung gewinnen. Deshalb bin ich froh, dass der Bundeskoalitionsvertrag eine bezahlte Ausbildung zum Ziel hat. Ich hoffe, dass dahinter auch eine Bundesfinanzierung steht, und, dass wir nicht über eine Absenkung der Standards reden. Denn, um das Motto des DRK zu zitieren: „Für die Jüngsten die Besten“ unterstütze ich ausdrücklich.

Unser Antrag macht deutlich, dass wir im Land unsere Hausaufgaben gemacht haben, und wir werden hier auch mit dem Haushalt noch einen Schritt weitergehen. Wir stehen zu unserer Verantwortung, auch finanziell die praxisintegrierte Ausbildung von Erzieher*innen zu unterstützen. Das entlastet auch die Kita-Träger und letztlich die Kommunen, die viele PiA-Stellen fördern. Die Fachschulen haben ihre Schulplätze ausgeweitet, zur Ausbildung von Lehrkräften wurden Studienkapazitäten geschaffen. Der Quereinstieg, die Weiterqualifizierung und die Praxis integrierte Ausbildung werden erheblich gefördert. Ziel muss es sein, dass alle Menschen, die in diesem Land unsere Kinder ausbilden möchten, dafür auch eine Qualifizierung bekommen.

Wir wissen, dass wir in vielen Berufsfeldern einen Fachkräftemangel haben, und dass alle um die junge Generation buhlen. In meiner Jugend war es andersherum. Also erst einmal ist das Signal an die jungen Leute gut: Wir brauchen Euch.

Aber es ist auch klar, dass der Fachkräftemangel bei Erzieher*innen ein Folgeproblem auslöst. Wie oft habe ich auf meinen Veranstaltungen gerade Pflegekräfte oder auch Menschen im Servicebereich erlebt, die ihren Beruf nicht ausüben könnten, weil ihnen die flexible Kinderbetreuung fehlte. Deshalb muss der Fachkräftemangel in diesem Bereich ein besonderes Augenmerk bekommen. Ich richte daher einen Appell auch an diese Landesregierung, sich ressortübergreifend mit diesem wichtigen Thema zu befassen.


Menschen, die mit unseren Kleinsten arbeiten, ob in der Kita oder in der Kindertagespflege, leisten eine unverzichtbare Arbeit. Gerade in dieser Zeit der Pandemie haben sie sich oft nicht genügend wahrgenommen gefühlt. Sie unterliegen auch heute noch einem großen Ansteckungsrisiko. Sie helfen Kindern, die oft traumatisierenden Auswirkungen der langen Schließungen zu überwinden. Sie helfen dort, wo das Elternhaus nicht genügend helfen kann.
Ich freue mich, dass die Eltern in der letzten Woche ihre Solidarität mit den Kitafachkräften vor diesem Haus gezeigt haben. Ich bin mir sicher, dass sie auch die heutige Debatte als Zeichen der Wertschätzung empfinden werden. Und als Signal, dass alle Parteien hier im Haus den dringenden Handlungsbedarf verstanden haben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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