Wir brauchen den Dialog mit den Schulen, Kammern, Betrieben und Schulträgern

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben große Herausforderungen in der beruflichen Bildung, vor allem die Sicherung des Fachkräftebedarfs. Wir brauchen Fachkräfte in Industrie, Handel und Handwerk. Ebenso in pädagogischen und pflegerischen Berufen. Aber auch bei Ingenieur*innen, Lehrkräften und in anderen Bereichen. Wir sollten also keinen Gegensatz konstruieren und gegen die vermeintliche Akademisierung der Gesellschaft wettern. Wir brauchen alle Fachkräfte.

Gleichzeitig finden Ausbildungsbetriebe aber nicht genügend Auszubildende zu Bäcker*innen, im Hotel- und Gaststättenbereich, als Kaufleute im Einzelhandel und in vielen Bereichen mehr. Sinkende Azubizahlen führen in der Folge zur Aufgabe von Ausbildungsgängen an den beruflichen Schulen in der Fläche. Es kommt eine Abwärtsspirale in Gang.

Welche Lösungen gibt es? Um den Berufsschulunterricht zu ermöglichen, könnten die kleinen Klassen erhalten bleiben. Das kostet sehr viele Lehrer*innenstellen. Oder man legt die Klassen in einzelnen Unterrichtseinheiten zusammen, entweder mehrere Jahrgänge oder Berufe, die thematische Überschneidungen haben. Oder wir stärken die Elemente von Distanz- und Hybridunterricht, um Azubis von weiter weg einzubinden. Oder es werden Klassen aus verschiedenen Standorten an einem zusammengelegt. In der Folge gibt es weite Fahrtzeiten für Jugendliche, schwierig ohne guten ÖPNV oder Auto. Eine schwierige Abwägung.

Eine gute Lösung für die Fachkräftesicherung ist komplex und geht nur zusammen mit den Betrieben, die ausreichend und attraktive Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen müssen.

Gleichzeitig braucht es eine gute Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen, damit die Jugendlichen ihre Stärken und Interessen kennen und sich dann gezielt auf Ausbildungsberufe bewerben können. Damit reduzieren wir die Zahl der Jugendlichen im Übergangsbereich. Und für diesen Übergangsbereich braucht es eine Verzahnung zwischen Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen und den beruflichen Schulen.

Da sollten allgemeinbildende und berufliche Schulen noch enger zusammenarbeiten. Die beruflichen Schulen sind Profis für die Ausbildung und sie haben die Werkstätten, in denen die Schüler*innen sich ausprobieren können. Aus wessen Personaltopf gehen aber die notwendigen Lehrkräftestunden – Bildungsministerium oder Wirtschafsministerium? Bei der Verantwortlichkeit für die Lehrkräfte an beruflichen und allgemeinbildenden Schulen in zwei unterschiedlichen Ministerien ist das deutlich schwieriger zu organisieren, als wenn das SHIBB, also das Schleswig-Holsteinische Institut für Berufliche Bildung, im Bildungsministerium wäre.

Und um all diese Herausforderungen zu bewältigen, braucht es eine fundierte, zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen verzahnte Schulentwicklungsplanung. Um die nötigen Schulplätze zu kennen, müssen wir die Schüler*innen- und Ausbildungszahlen vorausberechnen. Es sind Fragen zu beantworten, wie: Wer wird in Zukunft in welchem Bildungsgang einen Schulplatz suchen? Wie können Ausbildungsgänge weiterentwickelt werden? Wo können Schulen wie kooperieren?

Die beruflichen Schulen wissen, dass mit abnehmenden Schüler*innenzahlen Veränderungen kommen werden. Solche Veränderungen müssen zwingend miteinander diskutiert und nicht verkündet werden. Das müssen das SHIBB und das Wirtschaftsministerium tun. Nur dann gibt es eine Akzeptanz für die Entscheidungen. Diesen Auftrag geben wir ihnen mit unserem Antrag auch mit auf den Weg. Und ich bin sicher, dass dies auch das SHIBB so sieht.

Wie kommen wir nun zu einer guten, verzahnten Schulentwicklungsplanung? Zum einen haben wir das Prognos-Gutachten des Wirtschaftsministeriums, das die duale Ausbildung untersucht hat. Das ist ein Baustein. SPD und SSW beklagen ja, dass die berufliche Bildung im Bildungsbericht 2020 keinen großen Stellenwert hat. Für den Bildungsbericht selbst haben sie recht. Er bezieht sich vorwiegend auf die allgemeinbildenden Schulen.

Aber: Das Bildungsministerium hat 2021 mit dem Wechsel der beruflichen Bildung an das Wirtschaftsministerium einen ausführlichen, 150 Seiten starken Bericht „Berufliche Bildung in Schleswig-Holstein 2020“ erarbeitet. Dort sind umfangreiche Daten zu allen sechs Schularten an den beruflichen Schulen aufgelistet, plus einer integrierten Ausbildungsberichterstattung.

Dieser Bericht ist als zweiter Baustein eine sehr gute Basis für die weitere Schulentwicklungsplanung. In der nächsten Wahlperiode sollte der Bericht vom SHIBB unbedingt fortgeschrieben werden. Es gibt also bereits gute Grundlagen für eine Schulentwicklungsplanung. Jetzt muss es in den Dialog gehen, mit den Schulen, Kammern, Betrieben und auch mit den Schulträgern.

Meinen weiteren Beitrag in der Debatte über die Chance, die Berufshochschulen bieten, findet Ihr hier.



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