Where is the school?

Wo geht`s zur Schule?

Zur Integration von Flüchtlingskindern ins Schulsystem sagt die schulpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Anke Erdmann:

„Where is the school?“ – Das war die erste Frage eines 16-jährigen Syrers am Kieler Hauptbahnhof nach sechzehn Stunden Zugfahrt quer durch Deutschland und nach wochenlanger Flucht. „Wo ist die Schule?“ So schön solche Momente sind, die Aufnahme von rund 10.000 neuen Schülerinnen und Schüler innerhalb eines Jahres in unsere Schulen in so kurzer Zeit ist für alle ein Kraftakt:

Für die vielen Lehrkräfte in den Erstaufnahmeneinrichtungen und DaZ-Zentren (Deutsch als Zweitsprache), den Grund- und Gemeinschaftsschulen, in den Beruflichen Schulen und vereinzelt auch in unseren Gymnasien.

Ein Kraftakt für die vielen Schulleitungen, DaZ-Koordinationen und Schulträger, die täglich die mitunter beinahe Wunder vollbringen.

Ein Kraftakt für die vielen Lehrkräfte, die neben ihrer Arbeit noch Zusatzqualifikation erwer-ben, um bald DaZ-Unterricht geben zu können.

Ein Kraftakt natürlich auch für die vielen Kinder und Jugendlichen, hinter denen oft harte Kriegs- und Fluchterfahrungen liegen und die jetzt täglich komplett neue Dinge lernen.

Vielen, vielen Dank! Das Improvisationstalent und das herzliche Willkommen vieler Schulen ist beeindruckend!

Danke auch all die, die sich ehrenamtlich um die Kinder und Jugendlichen kümmern, die zu Hause Deutsch üben, bei Hausaufgaben helfen, Schulranzen organisieren et cetera.

Unsere Schulen haben innerhalb eines Jahres rund 10.000 Kinder und Jugendliche aufge-nommen. Bis sie integriert sind, bis sie sich in den Regelklassen zurechtfinden, wird es noch dauern.

Die Weichenstellungen der Landesregierung sind erst mal gut: Innerhalb von vierzehn Mo-naten hat der Landtag Geld für mehr als 700 zusätzliche Lehrkräfte locker gemacht. Und der nächste Nachtragshaushalt ist schon in Sicht. Dabei müssen wir unbedingt die Aufbau- und Erweiterungsstufen im Blick haben, also den Übergang von den Basiskursen an die reguläre Schule.

Wir wissen, dass noch einige Fragen zu klären sind: Wie gelingt es, dass geflüchtete Kin-der und Jugendliche eine Schule in der Nähe finden und dass wir auch alle Schulen in die-se Aufgabe einbeziehen, damit Integration sich auf viele Schultern verteilt? So sind zum Beispiel einige Gymnasien schon im Boot. Andere wollen unbedingt mit anpacken. Und an-ders wird es auch nicht gehen.

Wenn man mit LehrerInnen aus den DaZ-Basiskursen spricht, in denen geflüchtete Kinder und Jugendliche rund ein Jahr ein Starterpaket bekommen, dann werden drei Aspekte an-gesprochen, die mit Sorge betrachtet werden.

Diese Lerngruppen sind bunter als alle anderen: was Alter, was Sprache, Kultur und was den Bildungsstand anbelangt: So könne in der Sekundarstufe I Analphabeten neben Ma-the-und Englisch-Cracks sitzen.

Dazu kommt, dass sich die Basisklassen ständig ändern: Gruppen die übersichtlich begon-nen haben, wachsen innerhalb weniger Tage plötzlich drastisch. Stabilität wäre sinnvoll, ist aber zurzeit nicht machbar.

Die Sorge um ausreichend Personal: „Bei uns darf gerade niemand krank werden“, höre ich immer wieder.

Mit den Zertifikatskursen, zusätzlichen Referendarsstellen und offensiver Stellenausschrei-bung fahren wir noch ganz gut.

Denkbar finde ich auf Sicht auch eine Schulassistenz-DaZ! Das könnte eine gute Verstärkung sein. Warum nicht Lehrkräfte zum Beispiel aus Syrien einbeziehen? Es fehlt noch an der systematischen Erfassung, aber ein Programm des IQSH für Geflüchtete, die zum Bei-spiel als Lehrkräfte gearbeitet haben, sollten wir erwägen.

Dazu ergänzt die berufsbildungspolitische Sprecherin Ines Strehlau:

Den Antrag der CDU wollen wir im Ausschuss beraten. Eine Öffnung der Berufsschulpflicht über 18 Jahre hinaus halten wir für sinnvoll. Deutsch lernen und fit werden für eine Ausbildung in Schleswig-Holstein braucht Zeit. Diese Zeit müssen wir den Flüchtlingen geben.

Für eine gelungene Integration in den Arbeitsmarkt brauchen wir außerdem eine gute Koordinierung zwischen Land, Bund und der Wirtschaft bei den Projekten, um ein abgestimmtes Konzept zu entwickeln.

Nun hat die CDU im Bund den Vorschlag gemacht, die Berufsschulpflicht auszuweiten. Guter Ansatz. Aber da muss Butter bei die Fische, liebe CDU. Für eine Umsetzung brauchen wir die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung. Das Land nimmt seine Verantwortung zur Integration sehr ernst und hat die Mittel für DaZ auch an den beruflichen Schulen stetig dem Bedarf angepasst.

In 2016 gibt sie Mittel im Umfang von 80 Stellen an die Beruflichen Schulen. Das ist eine Riesenleistung. Eine Riesenleistung ist es aber auch von den beruflichen Schulen, die alles tun, um schulpflichtigen Geflüchteten Plätze an den Schulen bereit zu stellen. Dabei sind sie flexibel, und nutzen ihre Spielräume. So nutzen einige Regionalen Bildungszentren auch ihre Möglichkeiten als Anstalten öffentlichen Rechts, bewerben sich um Kurse der Bundesagentur für Arbeit oder vereinbaren Kooperationen mit freien Trägern. Sie machen, wie auch die allgemeinbildenden Schulen, einen super Job! Das gilt auch für sehr viele freie Träger.

Bei der Diskussion um eine längere Beschulung von Flüchtlingen dürfen wir aber nicht die deutschen und schon lange in Deutschland lebenden ausländischen Jugendlichen vergessen. Eine Sonderbehandlung für Flüchtlinge wäre sozialer Sprengstoff. Das wollen wir Grüne nicht.

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