Geflüchtete Kinder besser schützen

Rede im Landtag zur Situation zum  Bericht der Landesregierung über die Situation der Geflüchteten aus der Ukraine (23. März 2022)

Sehr geehrte Damen und Herren,

Putins Krieg in der Ukraine mit dem unendlichen Leid schockiert und entsetzt uns alle. So viel Unmenschlichkeit und Menschenverachtung sind schwer erträglich. Wir können als Land den Krieg leider nicht stoppen. Aber wir können die Geflüchteten aufnehmen, ihnen die Möglichkeit bieten, zur Ruhe zu kommen, und ihnen Angebote zum Ankommen bei uns machen.

Das ehrenamtliche Engagement bei uns im Land, genauso wie in vielen anderen Ländern, ist einfach großartig! Es gibt so viele Menschen, die Menschen bei sich aufnehmen oder Wohnraum zur Verfügung stellen. Und so viele, die die Geflüchteten bei ihren ersten Schritten in Deutschland und bei Behördengängen begleiten.

Das alles kostet auch. Deshalb ist es gut, dass das Land unseren Kommunen eine Unterstützung von 500 Euro pro Geflüchtetem zugesagt hat. Und es ist gut, dass wir seit 2015 Unterstützungsstrukturen aufgebaut haben, die wir zum Teil erhalten haben oder jetzt wieder reaktivieren können. Aber es wird wieder eine riesige Herausforderung, vor allem räumlich und personell. Wir wissen nicht, wie viele Menschen kommen werden. Die Zahl der Menschen auf der Flucht erhöht sich, auch wegen der schrecklichen Angriffe auf zivile Einrichtungen, ständig weiter. Wir haben es heute Vormittag gehört.

Deshalb brauchen wir alle verfügbaren Kräfte und auch finanzielle Unterstützung vom Bund. Das schaffen die Länder und Kommunen nicht allein. Seit 2015 gibt es auch auf Bundesebene Maßnahmen und Programme zur Unterstützung von Geflüchteten. Auf der Homepage des Bundesfamilienministerium gibt es dazu einen guten Überblick, auch über neue Projekte. So richtet das Ministerium eine zentrale, bundesweite Anlauf- und Koordinierungsstelle ein, damit Kinder und Jugendliche aus ukrainischen Kinderheimen und Waisenhäusern in Deutschland schnell und bedarfsgerecht untergebracht werden können. Sie sollen als Gruppe gemeinsam mit ihren Erzieher*innen zusammenbleiben können, um so viel Stabilität wie möglich zu schaffen.

Wichtig ist auch der Schutz der ankommenden Frauen und Mädchen vor Gewalt und Ausbeutung. Dazu fördert der Bund ein Netzwerk, das auch die Bundespolizei schult, um Frauen und Mädchen zu beraten und ihnen zu helfen. Auch hier brauchen wir Personal, um vor Ort zu sein, vor allem an den Bahnhöfen, an denen Geflüchtete ankommen. Außerdem gibt es seit Januar 2022 ein Programm, das Kinderbetreuung für Eltern in Integrationskursen ermöglicht. Das ermöglicht die Kinderbetreuung außerhalb von Kitas. Die betreuenden Personen können sich, wenn sie noch keine fachliche Qualifikation haben, diese durch die Arbeit erwerben. Dies ist ein wichtiger Baustein, um vor allem Müttern bei knappen Kitaplätzen die Teilnahme am Integrationskur zu ermöglichen. Die Umsetzung ist allerdings nicht einfach, auch hier räumlich und personell.

Diese Programme reichen aber nicht aus. Wir brauchen auch für die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten Mittel vom Bund. Eine feste Tagesstruktur und auch eine Aufgabe helfen den Geflüchteten, so sagen es die Psycholog*innen, die schrecklichen Fluchterfahrungen zu verarbeiten. Deshalb ist es wichtig Plätze in Kitas und Spielgruppen für die Kleinen zur Verfügung zu stellen, Schulplätze mit Sprachkursen für die Schulkinder und auch Sprachkurse und Angebote für die Erwachsenen. Auch hier haben wir mit den STAFF-Kursen zur sprachlichen Erstorientierung und den Integrationskursen an unseren Volkshochschulen ein gutes Angebot. Auch hier brauchen wir aber wahrscheinlich zusätzliche Angebote und zusätzliches Personal.

Im Land laufen die Diskussionen, wie ein Angebot für Geflüchtete im Kitaalter ermöglicht werden kann. Ist eine zeitweise Erhöhung der Gruppengröße in Kitas eine Möglichkeit? Uns ist bewusst, dass das für das pädagogische Personal eine große Herausforderung wäre, vor allem bei der aktuellen hohen Zahl von Corona-Infizierten. Das ginge nur mit zusätzlichen Unterstützungskräften. Deshalb finden wir Grüne es richtig, auch Menschen aus der Ukraine mit einzubinden, am besten pädagogisch ausgebildete Personen.

Auch Angebote außerhalb der festen Kitagruppen müssen wir andenken. Spielkreise am Nachmittag, auch mit den Müttern oder auch Großeltern, die nebenan einen Deutschkurs machen. Angebote in Sportvereinen, Musikschulen und anderen Einrichtungen sind eine große Hilfe beim Einleben in die neue Umgebung.

Das Ganze mit dem Rechtanspruch auf einen Kitaplatz zu vereinbaren ist keine einfache Aufgabe. Deshalb ist es gut, dass dazu Gespräche mit allen Beteiligten geführt werden, um zu einer guten Lösung zu kommen.

An unseren Schulen werden wir, so hat es die Bildungsministerin gerade bestätigt, die DaZ- Kurse bedarfsgerecht ausbauen. Die Grundstruktur mit unseren Kreisfachberater*innen und den DaZ-Zentren haben wir. Es werden, wie schon 2015, auch an weiteren Schulen DaZ-Kurse oder auch ganze DaZ-Klassen eingerichtet werden müssen. Eine Herausforderung wird auch hier sein, genügend Personal zu finden.

Die Idee, dabei auch Lehrkräfte aus der Ukraine als Unterstützung einzubinden, ist für uns Grüne ein richtiger Ansatz. So können Schüler*innen ihre Muttersprache weiter lernen und auch ihre eigene Kultur erhalten.

Dazu braucht es ein flexibles Anerkennungsverfahren für die ukrainischen Lehrkräfte und auch die Möglichkeit für Nachqualifizierungen. Da ist eine Koordinierung aller Bundesländer wünschenswert, um ein einheitliches Verfahren zu entwickeln. Es muss nicht jedes Land das Rad neu erfinden. Außerdem brauchen wir zusätzliches psychologisch, sozialpädagogisch und therapeutisch ausgebildetes Personal. An unseren Schulen ist der Bedarf schon jetzt groß. Als Folgen der Corona-Pandemie mit langer Zeit von Distanzunterricht sprechen Lehrkräfte, Schulsozialarbeit und auch Psycholog*innen von einer starken Zunahme von Sorgen und Ängsten, selbstverletzendem Verhalten oder auch suizidalen Gedanken. Jetzt kommen noch die Berichte über den Krieg hinzu. Und die geflüchteten Kinder mit traumatisierenden Kriegserfahrungen.

Deshalb halten wir Grüne es für unbedingt notwendig vor allem die Schulsozialarbeit aufzustocken und mehr Schulpsycholog*innen einzustellen, um das niedrigschwellige Angebot direkt an den Schulen zu verstärken. So ein Angebot an den Schulen kann durch Prävention und frühe Intervention vermeiden, dass sich psychische Beschwerden zu therapiebedürftigen psychischen Erkrankungen entwickeln. Diese Kräfte können auch die Lehrkräfte unterstützen, mit den psychosozialen Folgen von Pandemie und Krieg umzugehen. Es wäre also sehr gut investiertes Geld.

Das Land hat aus 2015 viel gelernt, feste Strukturen aufgebaut und Personal qualifiziert. Das ist eine gute Basis, um der großen Zahl von Geflüchteten gerecht zu werden. Aber es ist zugleich eine riesige Herausforderung, finanziell, personell und auch psychisch. Aber wir Schleswig-Holsteiner*innen haben schon in 2015 gezeigt, dass wir ein weltoffenes Land sind, das ungeheuer viel leisten kann. Das werden wir auch jetzt wieder gemeinsam hinbekommen.



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