Schulgesetz bleibt stabil

Rede im Landtag zur Änderung des Schulgesetzes (17. Juni 2021)

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beschließen heute Änderungen am Schulgesetz, von denen wirklich nur wenige Punkte in der Anhörung strittig waren. Im vorliegenden Gesetzentwurf gibt es aber auch keine grundlegenden Veränderungen gegenüber dem Status Quo. Die Strukturdebatten sind glücklicherweise abgeschlossen. Wir haben ein, im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern, fortschrittliches 3-Säulen-Modell bei den weiterführendenden Schulen mit Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen. Abschlussbezogene Klassen sind kein Thema mehr. Die Entscheidung zu G9 ist durch.

Am Rahmen, den das Schulgesetz vorgibt, wird also mit diesem Gesetzentwurf nicht gerüttelt. Und das ist gut so. Ohne Grüne in der Regierung sähe das vermutlich anders aus. Deshalb sind wir froh, dass wir dabei sind. Ein paar Punkte möchte ich herausgreifen:

Bei Schulleitungen sollen grundsätzlich in der 1. Ausschreibung nur Bewerbungen von außerhalb der Schule zugelassen werden. Damit kommen neue Ideen von außen in die Schule. Wir brauchen Innovation und pädagogische Weiterentwicklung an unseren Schulen.

Auch für Schüler*innen, die in Dänemark wohnen und bei uns eine dänische Schule besuchen wollen, werden wir als Land zukünftig die Schüler*innenkostensätze zahlen. Das ist ein gutes Signal für die Menschen im deutsch-dänischen Grenzland.

Ein Punkt, der von den Eltern kritisch gesehen wird, und über den wir in der Koalition lange beraten haben, ist die Neuregelung zur zuständigen Schule. Wir haben seit vielen Jahren die freie Schulwahl im Schulgesetz verankert. Die Eltern suchen gemeinsam mit ihren Kindern eine Schule aus, die das für das Kind beste pädagogische Profil hat. Zum Beispiel einen Musik-, Naturwissenschafts- oder Sportzweig.

Durch die freie Schulwahl sollte auch die pädagogische Weiterentwicklung der Schulen einen Impuls erhalten. Ich finde den Ansatz im Prinzip gut. Aber die freie Schulwahl kann auch zu einer sozialen Spaltung führen. Eltern, die sich über verschiedene Schulen informieren und auch längere Schulwege für ihre Kinder in Kauf nehmen, schicken ihr Kind vielleicht nicht auf die Schule in der Nähe, auf die viele neu zugezogene Kinder gehen.

Die Schulträger beklagen, dass die Schüler*innenströme nicht mehr planbar sind. In einem Jahr ist die Schule total nachgefragt. Dann gibt es vielleicht Wechsel bei Schulleitung und Lehrkräften, und es gibt deutlich weniger Anmeldungen.

Auf der anderen Seite gibt es Schulträger, die ihre Schulen ausbauen, intensiv um Schüler*innen werben, sogar Busse zum Transport der auswärtigen Schüler*innen zur Verfügung stellen. Das Geld hat aber nicht jeder Schulträger. Und die Schule nebenan bleibt vielleicht ziemlich leer. Auch volkswirtschaftlich eine schwierige Situation.

Deshalb jetzt der Kompromiss. Die freie Schulwahl bleibt innerhalb der bestehenden Kapazitäten der Schulen der gleichen Schulart bestehen. Nur wenn eine Schule noch Kapazitäten frei hat und die Nachbarschule so voll ist, dass sie Wanderklassen einrichten oder Container aufstellen will, kann das Ministerium festlegen, dass die Schüler*innen, die im Zuständigkeitsbereich der nicht ausgelasteten Schule wohnen, diese auch besuchen.

Im Schulgesetz wird auch der Paragraf 25 geändert. Es wird die Möglichkeit gegeben, Schüler*innen etwas länger in eine andere Klasse zu geben oder vom Unterricht auszuschließen. Das ist aber nur die letzte Möglichkeit, nachdem alle anderen pädagogischen Maßnahmen ausgeschöpft wurden. Und vor der Entscheidung soll zukünftig auch eine sozialpädagogische Fachkraft gehört werden.

Solche Ordnungsmaßnahme kann auch bei Schulabsentismus angeordnet werden. Wenn also Schüler*innen nicht mehr oder nur unregelmäßig zur Schule gehen. Aber hier müssen wir viel früher ansetzen, damit es gar nicht soweit kommt. Deshalb bitten wir das Bildungsministerium, die Schulen mit einem Rahmenkonzept zu unterstützen.

Dabei sind die Elemente Prävention, Intervention und Reintegration zu beachten. Schulen müssen wissen, wie sie Belastungen von Kindern erkennen. Haben sie Angst im Unterricht? Vor den Klassenkamerad*innen, vor den Lehrkräften? Haben sie das Gefühl, sie werden zu Hause so stark gebraucht, dass Schule zweitrangig ist? Die Schulen müssen wissen, wen sie sich zur Hilfe holen können, wenn eine Schüler*in nicht mehr zur Schule kommt.

Und wie gelingt es, den*die Schüler*in wieder in den Unterrichtsalltag zu integrieren? Das alles geht nur in einem engen Zusammenspiel zwischen Schule, Jugendhilfe, Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeit. Das multiprofessionelle Team ist gefragt.

Viele Schulen und Kreise haben schon Konzepte. Die sollen in das Rahmenkonzept eingebunden werden. Das Konzept soll die Schulen unterstützten, damit nicht jede Schule das Rad neu erfinden muss.

Die Digitalisierung hat durch Corona einen enormen Schub bekommen. Das macht auch der Fortschrittsbericht des Bildungsministeriums deutlich. Frau Ministerin, Ihnen und Ihren Mitarbeitenden herzlichen Dank für die ausführlichen Darstellungen. Für Digitalisierung an Schulen stehen insgesamt von 2019 bis 2024 300 Millionen Euro zur Verfügung. Damit werden die Schulen ans Netz angeschlossen, IT-Infrastruktur an den Schulen ausgebaut, Laptops gekauft, Wlan und interaktive Tafeln angeschafft und Administratoren beschäftigt.

Außerdem werden Fortbildungen angeboten, das Schulportal und ein Lernmanagementsystem mit Videokonferenzsystem auf den Weg gebracht und eine landeseinheitliche Schulverwaltungssoftware eingeführt. Da haben sich Bund, Land und die Schulträger enorm ins Zeug gelegt. Vor allem aber die Lehrkräfte, die das Lernen von jetzt auf gleich auf das Distanzlernen umstellen mussten.

Das war für alle eine riesige Kraftanstrengung. Aber es hat sich gelohnt. Es ist viel Bewegung an die Schulen gekommen. Und die digitalen Formate werden bleiben. Viel Schulen wollen auch mit allen Schüler*innen im Klassenraum Onlinesysteme weiter nutzen.

Mit unserem Änderungsantrag zum Schulgesetz schaffen wir nun auch die rechtliche Grundlage für digitalen Unterricht. Es läuft noch längst nicht alles rund. Noch sind nicht alle Schulen am Netz. Die Laptops oder Tablets sind noch nicht alle da. Jitsi hat seine Kinderkrankheiten noch nicht überwunden. Aber alles läuft deutlich besser als vor einem Jahr.

Es müssen jetzt die Weichen gestellt werden für die kommenden Jahre. Deshalb bitten wir die Landesregierung, mit den Akteur*innen ein Konzept zu erarbeiten, wie die Ausstattung mit digitalen Medien in Zukunft finanziert wird. Wir brauchen dazu auch weiterhin den Bund.
Der Grüne Bundesparteitag hat am vergangenen Wochenende beschlossen, Bildung gemeinsam mit den Ländern weiter finanziell zu unterstützen. Das macht Mut für die Zukunft.
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