Wir stärken die Lehrkräftebildung an den Hochschulen

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn der Schulleiter einer Grundschule im Kreis Steinburg oder die Schulleiterin einer Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe oder eines Förderzentrums eine Stelle für eine Lehrkraft ausschreibt, dann können sie oft nicht aus einem Pool an Bewerbungen auswählen.

Oft müssen sie froh sein, wenn sich überhaupt jemand mit der entsprechenden Fächerkombination auf die ausgeschriebene Stelle bewirbt. Wir haben in einigen Regionen, in bestimmten Fächern wie Mathematik, Physik, Kunst und Musik und insbesondere an den Grund- und Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe, an den berufsbildenden Schulen und im Bereich der Sonderpädagogik einen deutlichen Fachkräftemangel.

Als Jamaika-Koalition haben wir gegengesteuert: Wir haben unter anderem A13 für die Lehrkräfte an Grundschulen eingeführt, zahlen angehenden Lehrkräften im Vorbereitungsdienst eine Zulage in Höhe von 250 Euro, wenn sie in unterversorgte Regionen gehen, und wir haben die Zugangshürden unter anderem für ausländische Lehrkräfte gesenkt. Aufgrund der steigenden Schüler*innenzahlen und der Altersstruktur in unseren Lehrer*innenzimmern lässt sich aber schon heute prognostizieren, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden.

Der Bedarf an Lehrkräften wird sich in den nächsten zehn Jahren deutlichen erhöhen. Gleichzeitig können wir mithilfe der Studienanfänger*innenzahlen und den Übergangs- und Erfolgsquoten der Hochschulen berechnen, wie viele Hochschulabsolvent*innen wir ungefähr zu erwarten haben.

Wenn man die Lehrerkräftebedarfsprognose und die voraussichtlichen Absolvent*innenzahlen übereinander legt, bleibt eine deutliche Lücke – und wir reden hier nicht von ein paar hundert Stellen, sondern von über 3.000 Lehrkräften in Schleswig-Holstein. Bundesweit wird der Bedarf bis 2030 bei 81 000 gesehen.

Wir müssen also die Studienplatzkapazitäten für die Lehrkräfte, die später an Grund- und Gemeinschaftsschulen unterrichten, für die bereits genannten Mangelfächer, für den Bereich der Sonderpädagogik und die berufsbildenden Schulen deutlich ausbauen.

An welchen Hochschulstandorten und in welchem Umfang die Studienplätze geschaffen werden können, das sind die Schlüsselfragen. Diejenigen hier im Parlament, die schon länger dabei sind, wissen, wie groß die Empörung insbesondere bei der Uni Kiel war, als wir 2014 als Küsten-Koalition beschlossen haben, zukünftig auch Sek. II-Lehrkräfte an der Uni Flensburg auszubilden.

Dass die – sonst oft konkurrierenden – lehrer*innenbildenden Hochschulen sich jetzt dazu bereit erklärt haben, gemeinsam in der Allianz für Lehrkräftebildung zusammen zu beraten, wo die Studienplatzkapazitäten geschaffen werden sollen, ist nicht nur ein wichtiger, sondern auch ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und eben auch ein Verdienst der aktuellen Landesregierung.

Die Allianz für Lehrkräftebildung wird sich natürlich auch mit anderen Fragen als dem Ausbau von Studienplatzkapazitäten beschäftigen müssen und deshalb ist es gut, dass es mit dem wissenschaftlichen Beirat und dem Kuratorium zwei beratende Gremien gibt.

Wir geben mit unserem Antrag der Allianz auch mit auf den Weg, Konzepte zur Weiterbeschäftigung von Vertretungskräften zu entwickeln. Wir haben viele Vertretungskräfte, unter ihnen auch Menschen, die keinen Masterabschluss haben, die sich aber in der praktischen Arbeit an der Schule sehr gut bewährt haben. Da ist zum Beispiel eine Musikerin, die an einem Konservatorium ausgebildet wurde. Da ist auch ein Tischlermeister, der sich super in Mathe eingearbeitet hat, und viele andere mehr.

Wir bekommen häufiger Mails von Vertretungslehrkräften und auch von Schulen, die verzweifelt sind, weil sie diesen Kräften meist nach spätestens fünf Jahren mit befristeten Verträgen kündigen müssen. Die Vertretungslehrkräfte könnten sich sonst unbefristet als Lehrkraft einklagen. Hier brauchen wir Möglichkeiten der unbefristeten Weiterbeschäftigung, vielleicht in einer Laufbahn wie der der Fachlehrkräfte an den beruflichen Schulen.

Handlungsbedarf besteht auch bei den Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe. Viele finden keine Referendar*innen. Warum können nicht auch angehende Gymnasiallehrkräfte hier ihr Referendariat machen? Auch die Gymnasiallehrkräfte haben für die Sekundarstufe I studiert. Wenn es da eine Lösung gäbe, zum Beispiel mit der Chance, zukünftig auch wieder an einer Schule mit Oberstufe arbeiten zu können, wäre viel gewonnen.

Auch die inhaltliche Weiterentwicklung und die Fort- und Weiterbildung sind Baustellen: Digitalisierung, eigenständiges Lernen, mehr Mitgestaltung der Schüler*innen, Weiterentwicklung des Fächerkanons sind nur einige Stichworte.

Die Kritik von SPD und SSW am Verfahren finde ich in der Tat nicht unberechtigt. Auch wir Grüne hätten uns als Oppositionspartei darüber beschwert, dass die rechtlichen Änderungen bezüglich der Allianz nicht schon zur schriftlichen oder mündlichen Anhörung des Hochschulgesetzes vorlagen. Trotzdem haben wir Grüne die Entscheidungen mitgetragen, weil wir die Allianz in der Sache für richtig halten. Wir sehen in ihr eine Stärkung der Lehrkräftebildung an den Hochschulen. Geben wir ihr eine Chance.



zurück