Wir müssen bei der Inklusion weiter vorankommen

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank Frau Ministerin für Ihren Bericht. Das Thema Inklusion ist eins, über das wir in der Jamaika-Koalition viel diskutiert haben und manchmal lange verhandeln mussten, um zu einem Kompromiss zu kommen. Uns Grünen war und ist es wichtig, weiter entschlossen auf das Ziel der inklusiven Schule hinzuarbeiten, wie es in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert ist.

Nach wie vor liegt Schleswig-Holstein bei der Inklusionsquote von 68,4 Prozent bundesweit weiterhin mit an der Spitze. Wir geben bis 2024 jedes Jahr 70 zusätzliche Stellen für Sonderpädagog*innen an unsere Schulen, insgesamt 490 Stellen. Damit füllen wir die im Klemm-Gutachten der Küstenkoalition aus 2016 festgestellt Lücke an Sonderpädagog*innen.

Die Jamaika-Koalition steigert die Mittel für die Schulassistenz. Sie unterstützt die Lehrkräfte an Grundschulen in ihrer Arbeit und so auch die Inklusion. Wir haben in der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung das Durchlaufen der Eingangsphase ohne die Pflicht zu einer Überprüfung auf sonderpädagogischem Förderbedarf erhalten.

Das lässt den Schulen die Möglichkeit, mit Präventionsstunden Kinder so zu fördern, dass ein zusätzlicher Förderbedarf nach der Eingangsphase gar nicht mehr besteht. Es gibt außerdem mehr gemeinsame Verantwortung von Regelschulen und Förderzentren bei der Erstellung der Förderpläne. Auch Schüler*innen mit festgestelltem Förderbedarf können an ESA-Abschlussprüfungen teilnehmen. 

Die zusätzlichen Stellen für Sonderpädagog*innen können nicht vollständig mit ausgebildeten Sonderpädagog*innen besetzt werden. Wir haben mit mehr Studien- und Referendariatsplätzen nachgesteuert, trotzdem konnten nicht alle besetzt werden, weil einfach die Fachkräfte fehlen.

Es gibt sehr unterschiedliche Quoten von Schüler*innen mit festgestelltem Förderbedarf in den Kreisen. Da ist eine Standardisierung der Diagnostik auf dem Weg gebracht worden.

Die Inklusion wird in den Schulen noch sehr unterschiedlich gelebt. Zum Teil arbeiten die Sonderpädagog*innen an den allgemeinbildenden Schulen mit ihren Förderschüler*innen nur in separaten Gruppen. Auch die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts läuft oft noch nicht verzahnt mit den Regelschullehrkräften. Das muss für eine wirklich inklusive Schule anders werden.

Um die Teamarbeit von allgemeinbildenden Lehrkräften und Sonderpädagog*innen selbstverständlich werden zu lassen, könnten beispielsweise im Referendariat Tandems aus beiden Ausbildungsgängen gebildet werden. Das ist eine Aufgabe für die Allianz für Lehrkräftebildung. Sie muss auch die Inklusion auf ihre Agenda nehmen.

Der letzte Bericht zur Unterrichtssituation hat gezeigt, dass insgesamt die Anzahl der Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf um rund 160 oder 0,9 Prozent gestiegen ist. Die Zahl der Schüler*innen in inklusiven Maßnahmen an Schulen ist in den letzten beiden Schuljahren um 1,8 Prozent von 70,2 auf 68,4 Prozent gesunken. Das ist ein leichter Rückgang, aber ein Trend, dem wir auf den Grund gehen müssen.

Eine Erklärung könnte sein, dass die Zahl der Schüler*innen mit Förderbedarf geistige Entwicklung seit einigen Jahren wieder steigt, übrigens in fast allen Bundesländern. Und diese Schüler*innen haben leider noch eine sehr geringe Inklusionsquote.

Wir müssen die Förderung aller Kinder schon in der Kita intensivieren und einen guten Übergang in die Schule organisieren. Durch frühzeitige Förderung können Förderbedarfe ausgeglichen werden. Dazu brauchen wir mehr Sonderpädagog*innen, um mehr Stunden systemisch an die Schulen zu geben, unabhängig von der Anzahl der Kinder mit festgestelltem Förderbedarf.

Die Schulen verteilen die Stunden dann nach Bedarf in den Klassen. Wir müssen Konzepte für die multiprofessionellen Teams an Schulen entwickeln. Auch bei der Schulbegleitung sehen wir noch Baustellen: Aktuell ist es ein aufwändiges Antragsverfahren für die Eltern und oft gibt es Probleme mit der Bewilligung von Stunden – auch für den Ganztag.

Es gibt in vielen Kreisen und einigen kreisfreien Städten sogenannte Poollösungen für Schulbegleitung und zum Teil Schulassistenz. Eine Schulbegleitung wird nicht mehr dem einzelnen Kind zugeordnet, sondern der Schule - und die Schule verteilt, gemeinsam mit Schulaufsicht und Förderzentrum, die Stunden nach Bedarf.

Das ist eine sehr gute Idee, weil mehr Schüler*innen erreicht werden und Schulbegleitung gezielt von der Schule eingesetzt werden kann. Häufig fällt das oft langwierige Antragsverfahren für die Eltern weg und die Schulbegleitungen können unbefristet eingestellt und auch fortgebildet werden.

Wir müssen mehr Lehrkräfte für unsere Schulen finden und ausbilden. In der Ausbildung müssen wir das Wissen über Förderbedarfe und Diagnostik verstärken. Bei der Inklusion insgesamt, aber besonders von Schüler*innen mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung, müssen wir weiter vorankommen.

Da ist die Einrichtung von Campusklassen ein guter Zwischenschritt, den es an einigen Förderzentren geistige Entwicklung schon gibt. Eine Campusklasse eines Förderzentrums ist an eine allgemeine Schule räumlich angegliedert. Es gibt Kooperationen mit Regelklassen, gemeinsamen Unterricht in einigen Fächern oder bei Projekten.

Damit haben die Eltern die Personalausstattung der Förderzentren und gleichzeitig Verbindungen zu Schüler*innen aus der allgemeinen Schule. Die Agenda Bildung 2030 der Vereinten Nationen hat das Ziel, bis 2030 für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherzustellen sowie Möglichkeiten zum lebenslangen Lernen zu fördern.

In der nächsten Wahlperiode müssen wir daran auch bei uns im Land intensiv weiterarbeiten.



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