Sprachen und Kultur der Minderheiten müssen gelebt werden

Der vorliegende Antrag hat uns doch etwas überrascht. Eine „Modellregion für die Minderheitenpolitik“, das hört sich gut an. Könnte auch in einem Grünen Programm stehen. Bisher stand die CDU in diesem Haus allerdings nicht für eine fortschrittliche, aktive Minderheitenpolitik. Im Gegenteil! Sie haben in der vergangenen Wahlperiode die Arbeit vieler Einrichtungen für Minderheiten durch massive Mittelkürzungen erheblich erschwert. Ich bin sehr froh, dass wir durch den Beschluss des Landeshaushaltes hier wieder eine Wende eingeläutet haben.

Die alte Landesregierung hat in der vergangenen Legislatur einen Minderheitenbericht vorgelegt. Es erinnern sich vielleicht noch einige an die Debatte - vor gut einem Jahr. Von einem Tiefpunkt in der Minderheitenpolitik des Landes war da die Rede.

Dafür hat die alte Landesregierung auch ein schlechtes Zeugnis von den Minderheitenverbänden bekommen. Und Sie, die CDU-Fraktion, haben in der vergangenen Wahlperiode hier einige Initiativen blockiert: Ich nenne den Gesetzentwurf zur Minderheiten- und Sprachenförderung im kommunalen Bereich und den Antrag „Weltkulturerbe Sprachenvielfalt in der Nordsee“.

Aber für eine Einsicht ist es nie zu spät. Willkommen im Club, könnten wir also sagen, für einen Neustart in der Minderheitenpolitik. Doch schauen wir uns den Antrag mal genauer an. Ziel des Antrags ist die Anerkennung der Region Sønderjylland-Schleswig als europäisches Kulturerbe. Was bedeutet das, europäisches Kulturerbe-Siegel?

Es handelt sich dabei um ist eine europäische Initiative, mit der Kulturerbestätten, die eine Schlüsselrolle in der Geschichte gespielt oder einen symbolischen Wert für Europa haben, ausgezeichnet werden. Hierbei ist unter anderem ausschlaggebend, dass es eine grenzübergreifende Bedeutung mit einer Anziehungskraft über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinaus hat.

Stätten sind in diesem Sinne Gedenkstätten, Kulturlandschaften, Stätten im städtischen oder ländlichen Raum, aber auch länderübergreifende Stätten, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten  befinden und ein Thema zum Gegenstand haben. Keine Frage: In der Region Sønderjylland-Schleswig gibt es einige Denkmale mit geschichtlicher Bedeutung, die über die Region hinausweisen.

Wir befürworten den Ansatz, die Aufmerksamkeit für diese Denkmale zu fördern und in einen Gesamtzusammenhang mit der Geschichte der Region und der Volksgruppen in der Region zu stellen. Unter einer aktiven Minderheitenpolitik verstehen wir allerdings etwas anderes, deshalb ist der CDU-Antrag zu kurz gesprungen und nicht zu Ende gedacht. Die Sprachen und Kultur der Minderheiten sind nichts fürs Museum, sollen gelebt werden und sich weiterentwickeln, sollen nicht konserviert werden. Die gelebte Kultur zu fördern, ein Miteinander und gegenseitiges Verständnis der Minderheiten untereinander und mit der Mehrheitsbevölkerung zu fördern, das verstehen wir unter aktiver Minderheitenpolitik.

Die gelebte kulturelle Vielfalt und Sprachenvielfalt ist das Besondere an der Region Sønderjylland-Schleswig. Diese Vielfalt ist identitätsstiftend für die Menschen in der Region und ein Stück weit auch für Schleswig-Holstein insgesamt.

Der Ansatz des SSW, der in der vergangenen Legislaturperiode den Vorschlag gemacht hatte, für die Sprachenvielfalt in der Nordseeregion die Anerkennung bei der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe zu beantragen, geht mehr in diese Richtung, Förderung der gelebten Kultur, daher halten wir ihn für besser.

Unter immateriellem Kulturerbe ist zu verstehen, so steht es in der Konvention: Lebendige Ausdrucksformen wie Tanz und Theater, mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, einschließlich der Sprache als Träger immateriellen Kulturerbes, gesellschaftlichen Bräuche, Rituale und Feste oder auch künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten, die von Generation zu Generation weitergeben werden. Dahinter steckt ein dynamisches, kein statisches oder konservierendes Kulturverständnis.

Die Bundesregierung hat im Dezember 2012 endlich beschlossen, der UNESCO Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes beizutreten. Der Bundestag hat es noch nicht ratifiziert. Aber dies wird vermutlich in Kürze geschehen. Einer Beantragung würde also nichts mehr im Wege stehen. Dennoch sollten wir den vorliegenden Antrag der CDU im Ausschuss noch weiter diskutieren.

Das Anliegen, etwas für die Kultur der Minderheiten in der Region Sønderjylland- Schleswig zu tun, ist im Prinzip richtig und lobenswert. Vielleicht kriegen wir ja im Ausschuss gemeinsam noch etwas Brauchbares hin.



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