Sprache ist ein wichtiger Baustein von Integration

Rede im Landtag zum Thema "Herkunftssprachlichen Unterricht neu aufstellen" (28. August 2019)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tribüne,

der Europarat und das europäische Parlament sagen, dass jeder Mensch, der in Europa lebt, drei Sprachen sprechen sollte: die jeweilige Landesprache, Englisch als sogenannte Verkehrssprache sowie eine weitere Fremdsprache. Menschen mit Migrationshintergrund bringen bereits eine weitere Sprache mit. Es wäre also geradezu eine Verschwendung, diese Sprachenvielfalt in einer pluralistischen Ge- sellschaft wie Deutschland nicht zu nutzen.

Eine Integration der Herkunftssprache in unser Bildungssystem ist also sinnvoll, schon aus Gründen der europäischen Integration und der Völkerverständigung im Allgemeinen. Im Kontext von Schule ist meinem Erachten nach die damit einhergehende Wertschätzung des Individuums zentral. Nach der Heidelberger Pädagogik-Professorin Havva Engin bestätigen Forschungsergebnisse die sehr positiven Effekte von Kenntnissen in den Herkunftssprachen auf die Deutschkompetenz.

Dieser Unterricht nützt der Persönlichkeitsentwicklung. Er steigert die Lernmotivation. Wenn die Herkunftssprache zum Unterrichtsfach wird, dann wird sie von den Schülerinnen und Schülern und deren Eltern ­ wie eine Fremdsprache ­ als Bildungsressource erkannt. Das hat auch etwas mit Anerkennungskultur zu tun. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund werden nicht mehr aus der Defizitperspektive betrachtet, sie erfahren mit ihrer Zweisprachigkeit eine positive schulische Aufwertung.

Die Anerkennung der eigenen Herkunftssprache bedeutet außerdem Bewahrung von Identität. Gegenseitiger Respekt für die jeweils andere Kultur und Sprache ist ein wich tiger Baustein von Integration und schlägt sich so letztlich auch im gesellschaftlichen Zusammenhalt nieder.

Bei uns in Schleswig-Holstein wird herkunftssprachlicher Unterricht vorwiegend als Konsulatsunterricht durchgeführt. Er ist ein außerschulisches Angebot, er steht nicht unter der Aufsicht des Bildungsministeriums. Deshalb kommt immer mal wieder die Frage auf, wie der Unterricht abläuft und welche Inhalte dort vermittelt werden. Um für Transparenz zu sorgen, hat das Bildungsministerium die Möglichkeit vereinbart, im Konsulatsunterricht verstärkt zu hospitieren.

Wir finden, das ist ein guter Ansatz. Es gibt aber auch an einigen, wenn auch wenigen, Schulen im Land bereits herkunftssprachlichen Schulunterricht in Türkisch. Am Hans-Geiger-Gymnasium und der Theo- dor-Storm-Schule in Kiel und auch an der Gotthard-Kühl Schule in Lübeck ist ein solches Angebot eingerichtet worden. Das ist ein Anfang. Der Bedarf bei den Schulen an herkunftssprachlichen Unterricht ist durchaus gegeben.

Unser Ziel ist es deshalb, mehr Lehrkräfte für herkunftssprachlichen Unterricht auszubilden. Dafür ist zuerst einmal wichtig herauszufinden, welche Sprachen in welchem Umfang genau nachgefragt sind. Dann müssen Lehrkräfte entsprechend geschult werden. Hier könnte durch Fortbildungen, zum Beispiel für Lehrkräfte mit Türkisch als Muttersprache, vergleichsweise schnell eine Qualifizierung stattfinden.

Am leichtesten ist es bei den Lehrkräften, die eine weitere Fremdsprache studiert haben, weil sie das Feld der Fremdsprachendidaktik schon kennen. Außerdem muss es möglich werden, Herkunftssprachen bei uns in Schleswig-Holstein auch zu studieren. Hier ist es uns wichtig, verstärkt Menschen mit Migrationshintergrund für den Lehrerberuf zu begeistern, damit die Vielfalt der Gesellschaft sich auch im Kollegium widerspiegelt. Dazu gibt es vielversprechende Gespräche mit der Universität in Kiel.

Die Sprachenvielfalt in Deutschland ist eine Bereicherung und Studien belegen, dass die Pflege der Herkunftssprache nicht nur die Sprachkompetenz festigt, sondern auch den Erwerb der deutschen Sprache positiv beeinflusst. Vieles spricht also für die Förderung der Muttersprache in einer globalisierten Welt, denn herkunftssprachlicher Unterricht leistet einen wichtigen Beitrag für eine weltoffene Erziehung und interkulturell kompetente Bürgerinnen und Bürger.

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