10 Grüne Thesen zur Enquetekommission Norddeutsche Kooperation

„Das Machbare tun!“

Die „Enquetekommission Norddeutsche Kooperation“ des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat aufgezeigt was möglich ist, damit der Norden politisch gestärkt wird und zusammen wachsen kann. Die Enquetekommission hat eine Vielzahl konkreter Ansatzpunkte in den einzelnen Themenbereichen heraus gearbeitet.

Wir müssen jetzt das Machbare tun und zielgerichtet stärker und besser kooperieren. Nur dann haben wir eine Chance, die begonnene Debatte über Vorteile und Risiken einer Nordstaatfusion fortzuführen.

1. Politische Gesamtstrategie und Bürgerbeteiligung sind ein Muss!

Eine globalisierte Welt erfordert Denken und Handeln in Regionen, über Verwaltungsgrenzen hinaus und eine verstärkte Beteiligung von BürgerInnen, um vorhandene Potentiale optimal auszuschöpfen. Eine politische Gesamtstrategie zur vertieften Kooperation mit konkreten Zielen und einer Zeitschiene zur Umsetzung ist zwingend erforderlich und muss die Interessen der unterschiedlichen Landesteile berücksichtigen. Staatsverträge als Instrument von Kooperationen beinhalten das Problem, dass eine parlamentarische Kontrolle kaum möglich ist. Hier müssen demokratische Lösungen gefunden oder eine Staatenfusion als Alternative zur Wahrung der parlamentarischen Kontrolle in Betracht gezogen werden. Nur so rückt das Fernziel einer Länderfusion in den Bereich des Möglichen.

2. Verwaltung angleichen, besser kooperieren, Service erhöhen und Kosten sparen!

Intensive Kooperation oder Fusion lohnen sich - auch finanziell. Um unnötige Reibungsverluste zu verhindern und Synergien zu erreichen, müssen die Verwaltungsstrukturen der Länder besser aufeinander abgestimmt werden, z. B. im IT- Bereich, durch E-Government oder eine bundeseinheitliche Behördentelefonnummer (D115).

3. Gemeinsamen Wirtschafts- und Arbeitsraum nutzen und gestalten!

Hamburg und Schleswig-Holstein werden bundesweit und international als gemeinsamer Wirtschafts- und Arbeitsraum gesehen. Sie müssen dies nutzen und durch die Entwicklung eines gemeinsamen Leitbildes und einer gemeinsamen Marketing-Strategie in einen Wettbewerbsvorteil verwandeln. Hierzu ist auch eine gemeinsame Landesplanung notwendig.

Es ist zu prüfen, ob die Norddeutsche Projektpartnerschaft (PPN) zukünftig

institutionalisiert in die Metropolregion eingegliedert wird und um weitere relevante Akteure (z. B. Wirtschaftsunternehmen, Gewerkschaften, Dänemark) ergänzt werden kann.

Eine entscheidende Frage ist, ob es möglich  ist, den Kooperationsstrukturen der dann gemeinsamen Metropolregion eine eigenständige Rechtsform zu geben, ohne hierdurch die Mitwirkung der Länderparlamente zu schwächen.

4. Bessere Gesundheitsversorgung durch Kooperation!

Gerade in der Gesundheitsversorgung bietet eine Länderfusion Chancen für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung und eine Reduktion der Kosten (Krankenhausrahmenplanung, Kassenärztliche Vereinigungen, Berufsausbildung). Wirtschaftliche Vorteile in der Gesundheitswirtschaft lassen sich bereits durch eine verstärkte und zielgerichtete Kooperation z. B. von Gesundheitsunternehmen und Krankenhäusern erzielen.

5. Intelligente Verkehrskonzepte ersetzen umweltschädliche Großprojekte!

Eine gemeinsame norddeutsche Nahverkehrsplanung ist für den Lebensraum Metropolregion unverzichtbar. Eine gemeinsame norddeutsche Gesamtverkehrsplanung mit einer Priorisierung von Projekten würde den Norden stärken und Alternativen zu den geplanten, umweltschädlichen Großprojekten durch intelligente Konzepte bieten. Sie wäre in einem fusionierten Nordstaat leichter umzusetzen. Zielführend im Sinne einer optimierten Anbindung (ÖPNV, SPNV) des Schleswig-Holsteinischen Raums wäre eine Zusammenführung der Verkehrsgesellschaften Hamburg (HVV) und Schleswig-Holstein (LVS). Eine gemeinsame länderübergreifende Infrastrukturgesellschaft würde die gemeinsame strategische Planung und Umsetzung innovativer Verkehrskonzepte („Hamburger Ring“, Metroexpress) erleichtern und Kosten sparen (Regionalisierungsmittel, Verwaltungskosten).

6. BürgerInnen mitnehmen: Kooperation kommt vor Fusion!

Breite öffentliche Diskussion, Bürgerbeteiligung und Akzeptanz sind zwingende Vorbedingungen  von Fusionen. Große Länder haben faktisch mehr politisches Gewicht und Einfluss – auch bei weniger Stimmen in offiziellen Gremien. Insgesamt sollte die Schwankungsbreite der Gewichtung von Länderstimmen nach EinwohnerInnenzahlen reduziert und auf eine gerechtere Basis gestellt werden. Auch die anstehende Neureglung des Länderfinanzausgleichs ab 2020 muss genutzt werden, um bestehende finanzielle Nachteile von Fusionen abzubauen.

7. Gemeinsame Bildungsplanung mit Hamburg notwendig!

Bundesweit müssen die föderalen Strukturen im Bildungsbereich weiter entwickelt werden, um Mobilität und Chancengleichheit zu gewährleisten. Die Konkurrenz zwischen den norddeutschen Bundesländern, vor allem zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg, sollte in eine Kooperation überführt werden, die dem gemeinsamen Lebensraum gerecht wird. Gemeinsame LehrerInnenbildung und Abschlussprüfungen sowie eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung von Hamburg und den Hamburger Randkreisen, um Auseinandersetzungen wie beim letzten Gastschulabkommen zu verhindern, sind konkrete Forderungen für den Schulbereich. Damit wäre der Schulbesuch im jeweils anderen Bundesland problemloser möglich. Im Wissenschaftsbereich könnten abgestimmte Hochschulgesetze und gemeinsame Hochschulplanung die Mobilität, erhöhen und helfen in bestimmten Bereichen Kosten zu senken. Sie stärken den norddeutschen Wissenschaftsstandort.

8. Global Denken – lokal Handeln!

Vor dem Hintergrund der globalen Erfordernisse beim Umwelt- und  Klimaschutz ist Ländergrenzen überschreitendes Handeln zwingend erforderlich. Natur- und Umweltschutzmaßnahmen müssen sich an ökosystemaren Zusammenhängen und Lebensräumen ausrichten. Insgesamt muss „global Denken – lokal Handeln“ zum Leitsatz staatlicher Politik auf allen Ebenen werden. Die vorhandenen wissenschaftlichen Projekte  (z.B. Helmholtz Gesellschaft, „Klimzug“) müssen politisch in ein zielgerichtetes, länderübergreifendes Gesamtkonzept eingebunden werden. Wissenschaft und Politik sollten gemeinsam Leitfragen entwickeln, welche  Wissenschaft und Forschung dann beantworten.

Gerade beim Ausbau der regenerativen Energien bieten sich große Chancen, die bis zu einer Mitversorgung Hamburgs durch Schleswig-Holsteinischen Windstrom reichen und Hamburg von der Vorhaltung eigener Energieproduktion (z.B. Kohlekraftwerke) entlasten würde.

9. Interessenvertretung muss rechtlich verankert und gelebt werden!

Bei nationalen Minderheiten kommt es darauf an, sie rechtlich abzusichern und mit Leben zu füllen. Ob dies in einem gemeinsamen oder mehreren getrennten Bundesländern stattfindet, ist nicht entscheidend. Regionale Interessen (z. B. Wirtschaft, Verkehr, Tourismus), die durch eine Teilung der Region durch Landesgrenzen verkompliziert werden, profitieren in der Regel von einer verstärkten Kooperationen bzw. Aufhebung der Grenzen.

10. Kultur beleben, von Hamburg  profitieren!

Im Bereich der frei schaffenden Kunst ist die Landesgrenze bei den bestehenden Projekten kaum ein Hindernis. Die Interessen der Landestheater sind allerdings primär auf das eigene Land ausgerichtet. In der aktuellen Situation hat Schleswig-Holstein außerhalb des SH-Musikfestivals und Jazz Baltica wenig Möglichkeiten Publikum aus Hamburg zu gewinnen. Die Hamburger Bühnen ziehen Publikum aus ganz Schleswig-Holstein an, weshalb keine Notwendigkeit gesehen wird, das Angebot in den Norden auszuweiten. Um ein noch vielfältigeres Kulturangebot für Schleswig-Holstein zu erreichen, müssten Kooperationen zielgerichtet vereinbart werden. Hierzu sind finanzielle Anreize notwendig. Die Rahmenbedingungen wären in einem fusionierten Bundesland am günstigsten.

Kiel, 07.09.2011

Ines Strehlau, MdL, Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen,

Mitglied der Enquetekommission norddeutsche Kooperation

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