Inklusion ist ein Menschenrecht

Rede im Landtag zum Stand der Inklusion im schulischen Bereich. Dazu sagt die schulpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Ines Strehlau (27. August 2020):

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sollen hier über die Große Anfrage der AFD zu den sonderpädagogischen Standards an unseren Schulen und - noch einmal – über den Bericht der Landesregierung zum Stand der Inklusion im schulischen Bildungsbereich sprechen. Es passiert nicht oft, dass wir hier über einen Bericht zwei Mal diskutieren. Es ist aber insofern hilfreich, da sich sehr viele Frage der AfD mit dem sehr detailreichen Bericht beantworten lassen. Was soll nun die Abfrage durch die AfD? Herr Brodehl äußert sich in Pressemitteilungen immer gegen Inklusion und für mehr Beschulung in Förderzentren. So sagt er laut einer Pressemitteilung auf seiner Homepage vom 24.09.2018: „Bildung ist ein Menschenrecht – Inklusion ist es nicht.“ Herr Brodehl zitiert die UN-Behindertenrechtskonvention und sagt, dass es in Artikel 24 dieser Konvention in Absatz 1, Satz 1 lediglich heißt: „Jeder hat das Recht auf Bildung.‘ Von Inklusion ist dort nirgends die Rede.“

Damit hat Herr Brodehl aber nur den ersten Satz des Artikels 24 zitiert. Dieser geht nämlich noch weiter. Es heißt: „Jeder hat das Recht auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleis-en die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen.“ Und weiter in Absatz 2 unter 4.: „Bei der Verwirklichung dieses Rechts stel-len die Vertragsstaaten sicher, dass Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern.“

Inklusion ist also sehr wohl ein Menschenrecht und mit Sicherheit kein Irrweg, wie er an anderer Stelle schreibt. Und es ist eine Haltung, dass jeder Mensch, egal welche Stärken und Schwächen er oder sie hat, das Recht auf Unterstützung und Wertschätzung bekommt. In den Äußerungen von Herrn Brodehl zeigt sich einmal mehr die Argumentationsstrategie der AfD: Durch Weglassen wichtiger Teile von Zitaten wird versucht, eine verdrehte Wahrheit zu kreieren. Das ist unseriös und populistisch.

Wir haben schon bei der Debatte zum Inklusionsbericht über die Herausforderungen gesprochen. Wir haben mit fast 70 Prozent eine hohe Inklusionsquote und sind dabei, die Rahmenbedingungen kontinuierlich weiter zu verbessern. Wir brauchen eine gute Personalausstattung an den Schulen. Da steuert Jamaika mit jährlich 70 neuen Stellen für Sonderpädagog*innen kräftig nach. Wir brauchen eine bessere Verzahnung der Unterstützungskräfte, wie Sonderpädagog*innen, Schulbegleitung und Schulassistenz. Dazu gibt es mit den Poolmodellen gute Beispiele im Land.

Wir brauchen eine Stärkung der individuellen Förderung aller Kinder in der Schule. Das erfordert neue didaktische Konzepte, die an vielen Schulen auch umgesetzt werden, aber da müssen wir noch eine Schippe drauflegen. Das Konzept, die Lehrkraft steht vorne an der Tafel, die Schüler*innen folgen, das gestern in der Bildungsdebatte auftauchte, ist nicht mehr aktuell. Auch hier brauchen wir eine Vielfalt an Angeboten.

Das Angebot FiSch - Familie in Schule – erzielt gute Erfolge, vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung. Auch das kooperative Schultraining aus dem Kreis Pinneberg ist ein Projekt für diese Schüler*innen. Bei der Binnendifferenzierung, gerade auch für Schüler*innen mit Förderbedarf, hilft die Digitalisierung enorm, weil es auf alle Bedarfe angepasste Lernprogramme gibt.

Außerdem müssen wir das eigenverantwortliche Lernen stärken. Das hilft beim Distanzlernen genauso wie in Präsenzzeiten. Wir sind in Schleswig-Holstein schon nicht schlecht davor. Aber wir wissen, dass noch eine Menge Arbeit vor uns liegt und arbeiten mit Hochdruck daran. Die Umsetzung der Inklusion und die qualitative Weiterentwicklung sind eine Herausfor-derung. Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen, die sich nicht mit jeder neuen Landesregierung ändern. Deshalb begrüßen wir es sehr, dass die Bildungsministerin einen breiten Diskussions- und Beteiligungsprozess durchführen will. Wir brauchen einen möglichst breit getragenen Konsens, damit Inklusion gelingt.

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